Der Bachelorabschluss – besser als sein Ruf

Bachelorabschluss besser als sein Ruf
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Der im Rahmen des Bologna-Prozesses eingeführte Bachelorabschluss wurde in Deutschland von Beginn an mit großer Skepsis betrachtet: zu verschult, zu wenig spezialisiert und nicht ausreichend berufsqualifizierend, lautete die Kritik von Studierenden und Lehrenden gleichermaßen. Und auch wenn mittlerweile zahlreiche junge Menschen die Hochschulen mit Bachelorabschlüssen verlassen und den Weg ins Berufsleben gefunden haben, bleiben die Zweifel dennoch bestehen.
Das zeigte sich zum Beispiel an den Ergebnissen der fünften Allensbach-Studie aus dem Jahr 2014, welche ergab, dass auch über zwölf Jahre nach der Reform sechs von zehn Studierenden den Bachelorabschluss nach wie vor nicht als ausreichende berufliche Qualifikation wahrnehmen und deswegen planen, im Anschluss noch einen Masterstudiengang zu absolvieren. Davon versprechen sie sich vor allem bessere Karrieremöglichkeiten, ein höheres Einkommen und größere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Aber entsprechen diese Vorstellungen auch der Realität?

Gleiche Einstiegschancen für Bachelor- und Masterabsolventen

Tatsächlich scheinen die Studierenden ihre beruflichen Chancen mit einem Bachelorabschluss generell schlechter einzuschätzen, als sie tatsächlich sind. Diesen Schluss legt zumindest die Ende April 2015 veröffentlichte Studie „Karrierewege für Bachelorabsolventen“ des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln nah, welche vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Für diese wurden im Jahr 2014 1.497 Unternehmen hinsichtlich Faktoren wie Gehalt, Einstiegspositionen und Entwicklungsmöglichkeiten von Bachelorabsolventen untersucht – mit erstaunlichen Ergebnissen. Demnach führen Bachelor- und Masterabschlüsse nämlich zu gleichermaßen guten Karrierechancen auf dem Arbeitsmarkt, denn unabhängig von der Art ihres Abschlusses beginnen die Absolventen ihre Karriere meist erst einmal als Projektmitarbeiter.
Auch in puncto Gehalt scheinen die Unterschiede weniger groß zu sein, als weithin angenommen. Immerhin die Hälfte aller befragten Unternehmen zahlen ihren Angestellten unabhängig von deren Abschluss Gehälter zwischen 30.00 und 40.000 Euro im Jahr. Selbst bei Unternehmen, bei denen Masterabsolventen prinzipiell höhere Gehälter erhalten, liegt die Einkommensdifferenz überwiegend bei weniger als 10 %.

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Verliert der Mastertitel an Bedeutung?

Doch nicht nur für den Berufseinstieg, sondern auch für die weitere Karriereplanung scheint der Masterabschluss nicht so relevant zu sein, wie es die meisten Studierenden offenbar annehmen. Bereits in einer früheren Studie aus dem Jahr 2010 gaben die Unternehmen an, dass bei der Besetzung von Führungspositionen nicht der akademische Grad, sondern vielmehr Faktoren wie die Leistungsmotivation oder die Identifikation mit dem Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen.
Diese Ergebnisse wurden in der aktuellen Studie bestätigt; außerdem ließ sich feststellen, dass es mittlerweile bei der größten Mehrheit der befragten Unternehmen überhaupt keine Stellen mehr gibt, die ausschließlich Absolventen eines Master-Studiengangs vorbehalten sind. Stattdessen arbeiteten bereits in über 80 % der befragten Betriebe Bachelorabsolventen als Projektleiter, in über 60 % werden sie sogar als Betriebs- oder Abteilungsleiter eingesetzt.
Daraus sollte man allerdings nicht den voreiligen Schluss ziehen, dass der Mastertitel langfristig an Bedeutung verliert; vielmehr muss sein Wert für verschiedene Branchen und Tätigkeitsfelder differenziert betrachtet werden. So sind zum Beispiel im Bereich der Wissenschaft und Forschung höhere akademische Abschlüsse wie der Master oder der Doktortitel nach wie vor unverzichtbar, um Karriere zu machen.

Trend geht zum lebenslangen Lernen

Dass Bachelorabsolventen auch ohne Master verstärkt in leitenden Positionen in Unternehmen tätig sind, bedeutet aber nicht, dass ihr Bildungsweg damit abgeschlossen ist. Im Gegenteil soll vielmehr das berufsbegleitende, lebenslange Lernen zum Normalfall werden.
Die Ergebnisse der Studie legen den Schluss nah, dass Unternehmen in Zukunft verstärkt Verantwortung für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter übernehmen werden: so äußerten die Betriebe im Rahmen der Befragung eine hohe Bereitschaft, ihre Angestellten durch interne und externe Bildungsangebote weiter zu schulen. Auch bietet fast die Hälfte aller befragten Unternehmen die Möglichkeit an, eine Teilzeitbeschäftigung für individuelle Weiterbildungen zu nutzen oder unterstützt alternativ die Teilnahme an Hochschulkursen, die mit einem Zertifikat abschließen. Ebenso viele Unternehmen sind sogar bereit, ein berufsbegleitendes Masterstudium zu unterstützen.
Um ein lebenslanges Lernen zu fördern, sieht Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft, aber auch einen entsprechenden Handlungsbedarf bei den Hochschulen: „Damit berufsbegleitendes lebenslanges Lernen in Zukunft zum Normalfall wird, müssen die entsprechenden Studienmöglichkeiten ausgebaut und passgenau mit der Weiterbildung in den Unternehmen verzahnt werden.“

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