Philosophiestudium – Welche Erfahrungen ein Student dabei macht

Philosophiestudium
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Tim (Name geändert) studiert im vierten Semester Philosophie und Religionswissenschaft im Bachelor. Uns erzählt er, warum es sich trotz hoher Abbruchquoten und schlechter Berufsaussichten lohnt, Philosophie zu studieren.

Hallo Tim, warum studierst Du Philosophie?

Bei meiner Fächerkombination liegt es vielleicht nahe, dass ich einfach irgendetwas studieren wollte. Dem ist nicht so. Philosophie hat mich schon in der Schule sehr interessiert und ich habe während der Schulzeit schon in einigen Standardwerken geblättert. Außerdem komme ich aus einem religiösen Umfeld, von dem ich mich zwar distanziert habe, aber was dazu geführt hat, dass ich untersuchen möchte, welche Bedeutung Religionen in Gesellschaften haben.

Was lernt man im Philosophiestudium?

Philosophie ist breit gefächert. Die vier Fragen von Kants sind hier im Wesentlichen immer noch ein guter Einstieg und bedeutend: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Heutzutage haben zudem Logik und Argumentationstheorie in der akademischen Philosophie eine große Bedeutung. Auch die Wissenschaftstheorie spielt eine immer größere Rolle. Hier wird die Metaebene der Wissenschaft (Untersuchung der Sprache, Diskurse und Struktur der Philosophie, Anmerkung der Redaktion) beschrieben und untersucht, um methodische und erkenntnistheoretische Fragen zu klären. Sowohl früher als auch heute ist Staatsphilosophie wichtig. Alles in allem ist Philosophie ein Bücherstudium, in dem man viel liest.

Wieso brechen so viele ihr Philosophie-Studium ab?

Ich denke nicht, dass das an dem Schwierigkeitsgrad des Faches liegt, denn die meisten bestehen die Prüfungen, vielmehr finden viele Studierenden heraus, dass ein Philosophie-Studium für sie nichts ist, weil es an der Universität eine sehr theoretische Perspektive einnimmt, die nicht jedem gefällt. Mein Tipp gegen Theorie-Ärger: Sich zum Beispiel in einem Philosophie-Forum anmelden, kann man die theoretischen Grundlagen des Studiums sehr gut anwenden und dabei auch anderen Studenten bei der Klärung ihrer Frage helfen. Ein Philosophiestudium wird einem wahrscheinlich nicht die existentiellen Fragen des Lebens beantworten können, doch wer sich anstrengt, der kommt wohl im Regelfall gut durch und gewinnt insbesondere ein tieferes Verständnis für Argumentationen und Begründungen.

Bist Du mit Deiner Entscheidung glücklich oder bereust Du Deine Entscheidung?

Ich bin sehr froh darüber, dass ich das Studium angefangen habe. Ich hatte zunächst Angst vor Logik, letztendlich habe ich aber die Logik-Klausur mit 1,0 bestanden und die Arbeit mit Kalkülen hat mir Spaß gemacht. Ich hatte einen guten Dozenten und das Niveau war nicht so, dass nur Mathematikgenies einen Vorteil hatten. Jetzt, wo Logik bestanden ist, ist das Studium mit dem Deutsch-Unterricht zu vergleichen. Es geht um die begründete Analyse von Texten. Das macht mir viel Spaß. Außerdem würde ich es jedem Philosophiestudenten ans Herz legen, so oft wie möglich das erworbene theoretische Wissen auf Sachverhalte anzuwenden, die gesellschaftlich relevant sind. Der Vorwurf, dass die Philosophie nichts zur Lösung der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verwerfungen beitragen könne, ist falsch. Ich nehme zum Beispiel die Möglichkeit wahr, auf Blogs eigene Artikel zu veröffentlichen und aktuelle Fragestellungen mit den Methoden der Philosophie zu beantworten. Vielleicht werde ich sogar promovieren, was ich zu Beginn des Studiums nicht gedacht hätte, weil ich in der Schule kein Überflieger war.

Du kennst ja bestimmt das Vorurteil, dass Philosophiestudenten für den Taxiführerschein studieren. Wie bereitest du dich auf das zukünftige Arbeitsleben vor? Hast du Tipps, wie man sich schon während des Studiums eine berufliche Perspektive aufbauen kann?
Ich arbeite nebenbei in der Öffentlichkeitsarbeit an der Universität und möchte auch später im PR-Bereich arbeiten. Geld ist mir dabei nicht so wichtig. Viele studieren gleich auf Lehramt, einige wenige bleiben an der Uni. Das wäre nichts für mich, da ich kein guter Lehrer bin und gerne in Ruhe arbeite. Das Studium vermittelt hauptsächlich theoretische Kompetenzen und ist keine Berufsausbildung, aber wer das Studium gut abschließt und nebenbei Praktika absolviert, der hat oft auch als Quereinsteiger gute Chancen.