Darmkrebs: Übergewicht als Risikofaktor bislang unterschätzt

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Übergewicht gilt als ein bekannter Risikofaktor für Darmkrebs. Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben jedoch anhand von Daten aus der UK Biobank-Kohorte, die fast eine halbe Million Teilnehmer umfasst, gezeigt, dass dieser Zusammenhang wahrscheinlich bisher erheblich unterschätzt wurde. Der Grund dafür ist, dass viele Menschen in den Jahren vor einer Darmkrebsdiagnose unbeabsichtigt an Gewicht verlieren. Wenn Studien lediglich das Körpergewicht zum Zeitpunkt der Diagnose berücksichtigen, wird der tatsächliche Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und dem Darmkrebsrisiko verschleiert.

Die Forscher konnten auf Daten der UK Biobank zugreifen, einer Studie zu Lebensstil und Gesundheit mit fast einer halben Million Teilnehmern aus Großbritannien. Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von zehn Jahren erkrankten 4.794 Teilnehmer an Darmkrebs. Um mögliche Verzerrungen durch prädiagnostischen Gewichtsverlust zu vermeiden, schlossen die Forscher die ersten Jahre der Nachbeobachtung aus. Dadurch wurde der Zusammenhang zwischen Übergewicht und Darmkrebsrisiko deutlich sichtbarer. Die Erklärung dafür liegt darin, dass einige der Krebserkrankungen, die in den ersten Jahren der Nachbeobachtung diagnostiziert wurden, bereits zu Studienbeginn vorhanden waren, aber noch keine Symptome verursachten und zu Gewichtsverlust führten.

Wenn die Berechnung die gesamten bis zu 13 Jahre der Nachbeobachtungszeit berücksichtigte, ergab sich für Übergewichtige ein um 13 Prozent (Frauen) bzw. 23 Prozent (Männer) höheres Darmkrebsrisiko im Vergleich zu Normalgewichtigen. Wenn jedoch die Krebsdiagnosen der ersten sieben Jahre der Nachbeobachtung ausgeschlossen wurden, stieg das Risiko für Übergewichtige auf 26 Prozent (Frauen) bzw. 42 Prozent (Männer).

Die Forscher berechneten auch den Anteil der Darmkrebsfälle in der Studienpopulation, der auf Übergewicht zurückzuführen ist. Wenn die gesamten bis zu dreizehn Jahre der Nachbeobachtung berücksichtigt wurden, betrug dieser Anteil 11,3 Prozent. Wenn jedoch die ersten sieben Jahre ausgeschlossen wurden, lag der Anteil bei 19 Prozent.

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Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Übergewicht einen weitaus größeren Beitrag zu Darmkrebsfällen leisten könnte als bisher angenommen. Dies könnte aufgrund des anhaltenden Anstiegs von Übergewicht weltweit in den kommenden Jahren zu einem erheblichen Anstieg der Darmkrebsfälle führen.

Prädiagnostischer Gewichtsverlust wird auf den durch den Tumor gesteigerten Stoffwechsel und eine systemische Entzündung zurückgeführt, die beide den Energieverbrauch erhöhen. Experten schätzen die durchschnittliche Dauer der prädiagnostischen Phase auf drei bis sechs Jahre.

Die Forscher empfehlen daher, bei künftigen Studien verstärkt den Zeitpunkt der Gewichtsmessungen zu berücksichtigen, da die Anzahl der Jahre, in denen Übergewicht besteht, wahrscheinlich wichtiger ist als das aktuelle Gewicht für die Einschätzung des Darmkrebsrisikos. Gleichzeitig sollte unbeabsichtigter Gewichtsverlust im Erwachsenenalter sorgfältig untersucht werden, da er ein Hinweis auf eine unerkannte Krebserkrankung sein kann.

 

Basierend auf einer Pressemitteilung von Deutsches Krebsforschungszentrum vom 26.9.2023